ANDREAS MÖLZER
Fraktionsloses Mitglied des Europäischen Parlaments

Kurzinfo: EZB-Jahresbericht 2012, Östliche Partnerschaft, Probleme Verwaltungsmodalitäten, Nordostatlantik, Eingliederung der Roma

Jahresbericht der Europäischen Zentralbank 2012

Damit konventionelle Währungen funktionieren, bedarf es bekanntlich großen Vertrauens – Vertrauens darauf, dass Banken unser Geld aufbewahren und gut verwalten. Wie die Finanz- und Wirtschaftskrise, die in Wahrheit eine Bankenkrise war und ist, aufgedeckt hat, wird indessen hemmungslos spekuliert. Daran haben sämtliche Änderungen der Finanzmarkt- und Bankenaufsicht nichts ändern können. Die erneut anstehenden Bankenstresstests sind keinesfalls dazu angetan, das Vertrauen der Menschen wiederherzustellen, kamen doch zahlreiche Banken mit gutem Zeugnis im letzten Test kurz darauf in Bedrängnis.

Keinesfalls darf es zu einem Feldzug gegen virtuelle Währungen kommen. Immerhin ist das oft das Einzige, was in krisengebeutelten Staaten noch funktioniert. Ebenso würde der Erwerb von Portfolien, von Staatsanleihen der Euro-Mitgliedstaaten nur immense ökonomische und juristische Probleme verursachen. Um eine neue Finanzkrise zu verhindern, müssen Systemfehler – wie die Vermengung von Investmentbanking und traditionellem Bankgeschäft – beseitigt werden. Wenn Banken weiterhin ungehindert spekulieren können, ist es nur eine Frage der Zeit, bis wieder Kreditinstitute am Rande der Pleite stehen, und das wollen wird nicht.


Gipfeltreffen von Vilnius und Zukunft der Östlichen Partnerschaft

Ob und wie weit sie das Angebot zur Modernisierung annehmen, liegt zweifellos an unseren östlichen Nachbarn allein. Auf deren Rücken indessen eine geopolitische Konfrontation mit Russland auszutragen, das sollte keiner wollen. Es ist wirklich verständlich, dass die in Schwierigkeiten steckende ukrainische Staatsführung sich nicht von Russland mit Exportsanktionen in den Staatsbankrott treiben lassen wollte. Da fiel wahrscheinlich die Wahl zwischen vielen Milliarden aus Moskau und etlichen hundert EU-Millionen, inklusive eher vagen IWF-Versprechungen, relativ leicht.

Dass der Kreml ein tiefes Eindringen in seine historischen Einflusssphären nicht tolerieren würde, war ja absehbar – vor allem von Seiten einer EU, die sich immer mehr von Russland abwendet und eine immer stärkere US-Abhängigkeit demonstriert. Es liegt an der Europäischen Union, diese allzu einseitige Westorientierung zu relativieren und die Beziehungen zu Russland zu verbessern. Wichtig ist dabei natürlich ein prinzipientreues und konsequentes Eintreten für Menschenrechte und Demokratie. Da haben wir aber in der Union auch immer wieder ein gewisses Glaubwürdigkeitsproblem.


Probleme ebenenübergreifender Verwaltungsmodalitäten

Es ist ein wenig skurril, wenn wir jetzt philosophieren, wie eine echte Wirtschafts- und Währungsunion zu gestalten ist, um legitim und demokratisch zu sein. Immerhin wissen wir ja, dass die Union an sich bereits ein Demokratiedefizit aufweist. Dieses wird nicht besser, wenn sie nunmehr vertragswidrig immer stärker zur Europäischen Haftungsunion wird. Nun wird die fehlende parlamentarische Kontrolle von Troika, EFSF und ESM beklagt. Zu spät und zu wenig. Ein Aufschrei wäre bereits nötig gewesen, als die EU-Verträge das erste Mal gebrochen wurden. Der Wahn Brüssels, alles zu regulieren, hat uns ja bekanntlich bereits Milliarden gekostet, und damit ist man auf dem besten Weg, der Union nachhaltigen Schaden zuzufügen. Mit diesem Zentralisierungswahn geht die Gründung immer neuer EU-Agenturen einher – mit jährlich steigendem Finanzbedarf und mit vielen Doppelgleisigkeiten, deren Sinnhaftigkeit wir einfach hinterfragen müssen.

Zudem ist die EU offenkundig unfähig, die großangelegten Subventionsbetrügereien abzustellen. Anstatt ständig mehr Geld zu verlangen und nach Eigenmitteln zu rufen, sollte Brüssel lieber bei sich selbst den Rotstift ansetzen und die gewaltigen Einsparungspotenziale, die es gibt, nutzen. Es ist der Subventionsdschungel zu durchforsten, es müssen Zuständigkeiten an die Mitgliedstaaten zurückverlagert werden, und es wären die Kontrollen zu verbessern. Das wäre eine Lösung.


Nordostatlantik - Tiefseebestände und Fischfang

Die Tiefseefischerei mit Grundschleppnetzen zerstört bekanntlich durch ihre Vorrichtungen empfindliche Lebensräume mitsamt der dort angesiedelten Arten. Ein jüngst von der Europäischen Kommission veröffentlichter Bericht hebt aber hervor, dass Tiefseearten auch mit alternativen Fangmethoden befischt werden könnten. Diese verursachen nur geringe Schäden an den Ökosystemen der Tiefsee.

Die Schäden durch die Grundschleppnetzfischerei sind ja unverhältnismäßig zum Ertrag. Im Nordostatlantik werden nur circa 0,75 % der europäischen Fangerträge auf diese Art eingefahren. Außerdem zählt die Schleppnetzfischerei zu den Fischfangmethoden, die im Verhältnis zur Menge an gefangenem Fisch die geringste Anzahl an Arbeitsplätzen sichern. Alternative Methoden wie die Langleinenfischerei schaffen sechs Mal so viele Arbeitsplätze. Der Ausstieg aus der Subventionierung der Tiefseefischerei mit Grundschleppnetzen ist daher aus wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Gründen richtig und auch notwendig.


Geschlechtsspezifische Aspekte zur Eingliederung der Roma

Naturgemäß haben sich durch die anhaltende Wirtschaftskrise soziale Spannungen verstärkt. Weitestgehend wird bessere Bildung als Schlüssel für bessere Eingliederung der Roma angesehen. In der Realität allerdings ist die Schulsituation von Roma-Kindern trotz kaum vorhandener Sprachbarrieren oft problematischer als die anderer Schüler mit Migrationshintergrund. Vielfach sind es die typischen Traditionen dieser Gruppen, die einer Besserung der Lebensumstände im Wege stehen. In typischer Gutmenschenmanier wurden über Jahre hinweg Sozialisierungsversuche gestartet, und sie alle scheitern, weil sie vom Gros dieses Nomadenvolkes nicht angenommen werden. Das hat zur Verfestigung von Verhaltensweisen geführt, die sich als oppositionell zur kulturellen Identität der Kultur der dominanten Gruppen verstehen.

Die EU hat nach wie vor kein Patentrezept für die ungelösten Fragen rund um die Niederlassung und den Besitz von Personaldokumenten etc. Einmal mehr muss in diesem Zusammenhang klargestellt werden, dass es kein Recht auf Zuzug in die Sozialsysteme gibt. Die EU darf Hilferufe von Gemeinden und Städten, deren Sozialbudgets durch einen wahren Ansturm an Roma bis hin zum finanziellen Kollaps überlastet sind, keinesfalls länger ignorieren.

 

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